Grausamkeit Philosophische Positionen von der Antike bis in die Gegenwart. Mit einem einleitenden Essay und einem Überblick zur Diskussion im 20. Jahrhundert

• Main Author: Schotte, Dietrich (auth)
• Format: Electronic Book Chapter
• Published: Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg) 2023
• Subjects: Ethics & moral philosophy; Grausamkeit; Gewalt; Moral; Ethik; Folter; Tierquälerei; Verrohung; Bestialität; Unmenschlichkeit; Sadismus; Hass; Anthologie; Philosophie; Klassiker
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As a concept or problem of philosophy, "cruelty" seems to be something like a "white raven". For unlike most concepts and problems, philosophers from antiquity to modern times are surprisingly unanimous about what is meant by "cruelty" and how it is to be evaluated. "Cruelty" is excessive suffering and as such highly reprehensible. This unanimity is found not only in some examples of cruelty - torture, cruelty to animals, humiliation. The field of alternative, mostly strongly pejorative terms also changes only slightly. Since ancient times, it has been dominated by idioms that describe cruelty as "inhuman," usually as "bestial" or "brutalized." This also makes it clear: At least at first glance, philosophy seems to be in unusual harmony with our everyday beliefs. Nevertheless - or better: just because of that - it is worthwhile to have a look at the different philosophical classifications, discussions, considerations and analyses of cruelty. For behind the superficial unity, very different philosophical perspectives are hidden. Above all, one discovers divergent moral and ethical evaluations. For this reason, this anthology gathers the most important philosophical texts on the problem of cruelty from Aristotle to Nietzsche (in excerpts). These texts are complemented by a survey article that systematically organizes and summarizes the various discourses of the 20th century. Interested readers can thus gain an initial overview of the various positions and theses. At the same time, this anthology can also be used as a basis for school and university teaching.

Als Begriff bzw. Problem der Philosophie scheint "Grausamkeit" so etwas wie ein "weißer Rabe" zu sein. Denn anders als bei den meisten Begriffen und Problemen sind sich Philosoph:innen von der Antike bis in die Moderne überraschend einig, was unter "Grausamkeit" zu verstehen und wie es zu bewerten ist. "Grausamkeit" ist exzessives Leidenlassen und als solches in höchstem Maße verwerflich. Diese Einigkeit findet sich nicht nur bei einigen Beispielen für Grausamkeit - Folter, Tierquälerei, Demütigungen - wieder. Auch das Feld alternativer, zumeist stark pejorativer Bezeichnungen ändert sich nur geringfügig. Seit der Antike wird es dominiert von Redewendungen, die Grausamkeit als "unmenschlich", meist als "bestialisch" oder "verroht" bezeichnen. Damit wird auch deutlich: Zumindest auf den ersten Blick scheint die Philosophie sich in einem ungewöhnlichen Einklang mit unseren Alltagsüberzeugungen zu befinden. Dennoch - oder besser: gerade deshalb - lohnt sich ein Blick in die verschiedenen philosophischen Einordnungen, Diskussionen, Überlegungen und Analysen der Grausamkeit. Denn hinter der oberflächlichen Einigkeit verbergen sich sehr unterschiedliche philosophische Perspektiven. Vor allem aber entdeckt man so auch abweichende moralische und ethische Bewertungen. Aus diesem Grund versammelt diese Anthologie die wichtigsten philosophischen Texte zum Problem der Grausamkeit von Aristoteles bis Nietzsche (in Auszügen). Ergänzt werden diese Texte um einen Überblicksartikel, der die unterschiedlichen Diskurse des 20. Jahrhunderts systematisch ordnet und zusammenfasst. Interessierte können sich so einen ersten Überblick über die verschiedenen Positionen und Thesen verschaffen. Zugleich kann diese Anthologie auch als Grundlage für die schulische und universitäre Lehre genutzt werden.