Denunziation als soziale Praxis Fälle aus der NS-Militärjustiz

Denunciations were an essential component of everyday life under Nazism and affected almost every aspect of life. During the war, denunciations became a mass phenomenon. In Austria the subject was noticed relatively late. The attention proceeds from a general definition of terms, to a specific int...

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Main Author: Hornung, Ela (auth)
Format: Electronic Book Chapter
Published: 2010
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520 |a Denunciations were an essential component of everyday life under Nazism and affected almost every aspect of life. During the war, denunciations became a mass phenomenon. In Austria the subject was noticed relatively late. The attention proceeds from a general definition of terms, to a specific interpretation on the basis of archive sources (Wehrmacht legal records) and then to individual case reconstructions on the basis of oral history interviews, that is to say, from a macro to a micro perspective.The closed holding relates to charges on the offence of Wehrkraftzersetzung (subversion of the armed forces), most of which were reported by former residents in the Ostmark at the central court, Vienna, in 1943-1945. Central to this are above all questions of social history and the history of mentality, such as the significance of social milieu (denunciation as "release" from class or interest differences, as a group phenomenon, etc.), and of gender (gender-differentiated behaviour, denunciation as "release" from conflicts concerning gender hierarchy), of generation, of political/ideological orientation, and of the significance of the social environment, the sphere of life and the locality. Of interest, however, are not just the historical conditions under the Nazi regime, but also the room for manoeuvre of men and women - in the military milíeu in the endphase of the war - and the communicative mechanisms that led to political denunciation. 
520 |a Denunziationen waren wesentlicher Bestandteil des Alltags während des Nationalsozialismus und betrafen nahezu alle Aspekte des Lebens. Die exzessive Denunziationspraxis ist ein Charakteristikum des NS-Alltags. Im Unterschied zu anderen autoritären Regimen mussten Gestapo und Sicherheitsdienst kaum auf bezahlte Spitzel zurückgreifen, die Mehrheit ihrer Erfolge basierte auf der freiwilligen Mitarbeit der Bevölkerung. Während des Krieges wurden Denunziationen zu einem Massenphänomen. Das Phänomen der Denunziation fand in der österreichischen Geschichtsforschung zum Nationalsozialismus erst relativ spät Beachtung. Erstens wird der Kontext der Nationalsozialistischen Militär- und Strafjustiz umrissen. Jede auch nur annähernd kritische, humoristische oder einfach realistische Äußerung zur Erfahrungen in der Wehrmacht, an der Front, zur Kriegslage oder zu NS-Größen wurde unter dem Titel "Wehrkraftzersetzung" strengstens bestraft. Im Kriegsverlauf waren die Verfahrensregeln und die Gesetzesbestimmungen zunehmend außer Kraft gesetzt, die Verfahren beschleunigt und verkürzt worden: Die Angeklagten hatten kein Recht auf den Instanzenweg, sie hatten kein Recht auf einen Verteidiger (außer bei drohendem Todesurteil) und kein Recht auf ein Verfahren für Gnadengesuche. Zweitens werden Ergebnisse aus der quantitativen und qualitativen Auswertung eines geschlossenen Bestandes von Prozessakten des Militärgerichts der Außenstelle Wien vorgestellt. Mittels ausgewählter signifikanter und spannender Fallgeschichten zu Denunziation als sozialem Phänomen werden - detailreich ausgearbeitete - qualitative Mikro-Analysen vorgelegt: Dabei werden biographische und soziale Hintergründe, Motive, Interessen, Konflikte, sowie differente Reaktionsweisen der DenunziantInnen und der wegen »Wehrkraftzersetzung« angezeigten Soldaten sichtbar gemacht. In allen untersuchten Fällen zeigten sich denunziatorische Handlungen in unterschiedlichsten Facetten als komplexe kommunikative Verhaltensweisen: Individuelle Motive, private Konflikte vermischten sich mit politischen Inhalten. Drittens werden Sichtweisen von Akteuren (eines Denunzianten und zweier Deserteure) als Interpretationsergebnisse von lebensgeschichtlich-narrativen Interviews als ausführliche biographische und historisch kontextualisierte tiefenhermeneutische Fallrekonstruktionen vorgestellt. Besonders aufschlussreich erwies sich hierbei ein Interview mit einem Denunzianten, das mit den betreffenden Gerichtsakten konfrontiert werden konnte. Er hatte die Anzeige - den damaligen Normen gemäß bis heute als moralische Pflichterfüllung - in seinem Gedächtnis konserviert. 
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